VOB/A – Richtlinien für Bieter: Verantwortung und Risiko

VOB/A – Richtlinien für Bieter: Verantwortung und Risiko:

Die VOB/A regelt den Ablauf und die Rahmenbedingungen des Vergabeverfahrens und beschreibt meine Rechte und Pflichten als Bieter.

Buch mit Titel: VOB/A Richtlinien für Bieter

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Wichtige Abschnitte für Bieter

  • § 8 VOB/A (Teilnahme am Wettbewerb): In diesem Paragraphen werden die Voraussetzungen beschrieben, die ich erfüllen muss, um am Vergabeverfahren teilnehmen zu können. Dazu gehört unter anderem, dass ich bestimmte Eignungsnachweise vorlege, um meine Zuverlässigkeit, Fachkunde und Leistungsfähigkeit nachzuweisen.
  • § 10 VOB/A (Angebot und Bindung): Hier finde ich die Regelungen zur Abgabe und Gültigkeit meiner Angebote, beispielsweise die Fristen für die Angebotsabgabe und die Bindefrist. Diese sind für mich als Bieter besonders wichtig, um sicherzustellen, dass ich mein Angebot rechtzeitig und korrekt einreiche.
  • § 13 VOB/A (Prüfung und Wertung der Angebote): Dieser Abschnitt beschreibt, wie meine Angebote im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Eignung geprüft und gewertet werden. Es ist für mich entscheidend zu wissen, nach welchen Kriterien die Vergabeentscheidung getroffen wird.
  • § 16 VOB/A (Zuschlag): Hier wird beschrieben, wie der Zuschlag erteilt wird und unter welchen Voraussetzungen ich den Auftrag erhalten kann. Dieser Abschnitt klärt, welche Schritte ich beachten muss, um am Ende erfolgreich den Vertrag zu bekommen.

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Richtlinien für BieterInhalt
Eignung des BietersDer Bieter muss nachweisen, dass er fachlich, technisch und wirtschaftlich in der Lage ist, den Auftrag auszuführen. Das erfolgt durch Vorlage geeigneter Referenzen, Nachweise zur Qualifikation und finanziellen Stabilität.
Vollständige und fristgerechte AngeboteAngebote müssen vollständig und in der vorgegebenen Form abgegeben werden. Die Fristen für die Angebotsabgabe sind streng einzuhalten. Verspätete Angebote werden in der Regel nicht berücksichtigt.
VergabeverfahrenEs gibt verschiedene Vergabeverfahren wie öffentliche Ausschreibung, beschränkte Ausschreibung und freihändige Vergabe. Bieter müssen die Regeln des jeweiligen Verfahrens verstehen und einhalten.
Gleichbehandlung und TransparenzAlle Bieter müssen gleich behandelt werden. Es darf keine unfaire Bevorzugung eines Bieters geben. Der Ausschreibungsprozess muss für alle Teilnehmer transparent und nachvollziehbar sein.
AngebotsbindungMit der Abgabe des Angebots ist der Bieter bis zum Ablauf der Bindefrist an sein Angebot gebunden. Änderungen nach der Angebotsabgabe sind unzulässig.
Preisklarheit und AngemessenheitDie Preise im Angebot müssen klar und nachvollziehbar kalkuliert sein. Überhöhte oder unrealistisch niedrige Preise können dazu führen, dass das Angebot ausgeschlossen wird.
Zuschlag und VertragDer Bieter, der das wirtschaftlichste Angebot vorlegt, erhält in der Regel den Zuschlag. Mit der Zuschlagserteilung kommt der Vertrag zustande, und der Bieter ist verpflichtet, die im Angebot vereinbarten Leistungen zu erbringen.
Nachverhandlungen und RücktrittNachverhandlungen über das Angebot sind nach VOB/A in der Regel nicht zulässig. Der Bieter darf nach der Zuschlagserteilung nicht ohne berechtigten Grund vom Vertrag zurücktreten.
RügepflichtDer Bieter ist verpflichtet, etwaige Fehler oder Unregelmäßigkeiten im Vergabeverfahren unverzüglich zu rügen, sonst verliert er unter Umständen sein Recht, diese später geltend zu machen.
AusschlusskriterienBieter, die unvollständige, fehlerhafte oder unangemessen kalkulierte Angebote abgeben, können von der Teilnahme ausgeschlossen werden. Auch Verstöße gegen das Vergaberecht, wie Korruption oder wettbewerbswidriges Verhalten, führen zum Ausschluss.
VOB/A – Richtlinien für Bieter

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Kalkulationsrisiko und meine Rolle als Bieter

Das Kalkulationsrisiko liegt bei mir, dem Bieter. Daher ist eine exakte und umfassende Beschreibung der Bauleistung durch den Auftraggeber von großer Bedeutung, damit ich mein Angebot auf einer soliden Grundlage erstellen kann. Um dieses Risiko zu minimieren, sind in der VOB genaue Vorgaben festgelegt, die eingehalten werden müssen. Die VOB schreibt unter anderem vor, dass alle beeinflussenden Umstände

  • wie bekannte Leitungen im Boden
  • beengte Verhältnisse
  • Baugrundprobleme (Grundwasser, Felsen, etc.)
  • Entfernungen und die Lage der Baustelle

klar benannt werden müssen. Hier wird gerne eine Erkundigungspflicht auf mich übertragen. Nach den Richtlinien für Bieter dürfen entsprechende Klauseln nicht Teil der Vertragsunterlagen sein.

Zudem dürfen keine Bedarfs- (Eventual-) Positionen im Leistungsverzeichnis LV eingefügt werden.

Ebenso ist es nicht erlaubt, im Leistungsverzeichnis überhöhte Massen einzutragen – die 10%-Regel bietet hier einen wirksamen Schutz gegen überhöhte Mengenangaben. Diese Regelung soll verhindern, dass ich als Auftragnehmer durch unerwartet große Mengenänderungen in meiner Kalkulation benachteiligt werde.

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Umgang mit ungewöhnlichen Wagnissen

Gemäß den Richtlinien darf mir als Fachbetrieb kein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet werden. Unzulässige Klauseln, die mir unangemessene Risiken aufhalsen, sind daher untersagt. Beispiele für solche Klauseln sind etwa:

  • Alle Änderungen, bzw. notwendige Leistungen, auch wenn sie nicht im LV stehen, sind schon jetzt mit einzukalkulieren.
  • Auftragnehmer haftet für mangelhafte Pläne des Auftraggebers und hat in der Angebotsphase eine Prüfungspflicht

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Fehler in der Ausschreibung

Fehler in der Ausschreibung können oft zu Preisspekulationen führen.

Wenn ich Fehler im Leistungsverzeichnis (LV) entdecke, habe ich zwei Möglichkeiten:

  1. Ich setze mich mit dem Ausschreibenden in Verbindung, um die weitere Verfahrensweise zu klären.
  2. Alternativ kann ich den Fehler für eine Preisspekulationen nutzen. Während der Angebotsphase bin ich nicht verpflichtet, das LV auf technische Machbarkeit zu prüfen – das ist erst erforderlich, wenn der Auftrag erteilt ist. Diese Grauzone wird oft genutzt, da die Fehleranfälligkeit bei Ausschreibungen hoch ist.

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Anzeichen einer unzulässigen Mischkalkulation

Bei einer Mischkalkulation, auch als Ausgleichskalkulation bekannt, setze ich als Bauunternehmer absichtlich manche Einheitspreise zu hoch und andere zu niedrig an. Dies geschieht auf Grundlage geschäftlicher Überlegungen, bei denen ich Kostenanteile zwischen verschiedenen Leistungspositionen umverteile. Dazu gehört oft auch die unterschiedliche Zuordnung der Kosten für Baustelleneinrichtung und Gemeinkosten.

Bauherren vermuten oft schnell, dass eine unzulässige Mischkalkulation vorliegt. Doch in der Praxis ist es nicht immer eindeutig, ob dies wirklich der Fall ist. Das gezielte Setzen einzelner Preise stellt in vielen Fällen eine legitime Kalkulationsstrategie dar.

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Unzulässige Scheinangebote und Preisabsprachen

Ein Scheinangebot ist ein unaufrichtiges Angebot, das ich abgebe, ohne wirklich den Zuschlag erhalten zu wollen. Solche Angebote sind unzulässig und stellen eine Manipulation dar, die den Wettbewerb verzerrt. Preisabsprachen, bei denen ich mich mit anderen Bietern über unsere Angebote abstimme, sind ebenfalls wettbewerbswidrig.

Scheinangebote und Preisabsprachen sind unfair, unehrlich und schaden dem Vertrauen in den Wettbewerb. Sie können zu finanziellen Verlusten führen und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – deswegen halte ich mich strikt an die geltenden Vorschriften und Regeln.

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FAQ zum Thema Richtlinien für Bieter

Entsprechend der Richtlinien für Bieter liegt das Kalkulationsrisiko grundsätzlich beim Bieter, was bedeutet, dass der Bieter für die Genauigkeit seiner Kalkulationen verantwortlich ist. Eine präzise und umfassende Leistungsbeschreibung durch den Auftraggeber ist dabei entscheidend.

Der Auftraggeber muss alle relevanten Umstände, wie bekannte Leitungen im Boden, beengte Verhältnisse, Baugrundprobleme, Entfernungen und die Lage der Baustelle, klar benennen. Eine genaue Beschreibung ist notwendig, um Missverständnisse zu vermeiden und das Kalkulationsrisiko für den Bieter zu minimieren.

Die Erkundigungspflicht besagt, dass der Bieter verpflichtet ist, sich über die Rahmenbedingungen der Ausschreibung zu informieren. Allerdings ist es unzulässig, diese Pflicht über bestimmte Klauseln auf den Bieter zu übertragen.

Bedarfs- oder Eventualpositionen sind Positionen im LV, die nur bei Bedarf ausgeführt werden sollen. Entsprechend der Richtlinien für Bieter sind sie unzulässig, da sie die Kalkulation des Bieters unnötig erschweren und zu Unsicherheiten führen können.

Die 10%-Regel besagt, dass die tatsächlich ausgeführten Massen nicht mehr als 10% von den im LV angegebenen Massen abweichen dürfen. Dies schützt den Bieter vor unvorhergesehenen Mehrkosten durch überhöhte Massenangaben.

Ungewöhnliche Wagnisse sind Risiken, die über das normale Maß hinausgehen und dem Bieter nicht aufgebürdet werden dürfen. Klauseln, die solche Wagnisse auf den Bieter abwälzen wollen, sind unzulässig.

Wenn ein Bieter Fehler im LV entdeckt, hat er zwei Möglichkeiten: Er kann den Ausschreibenden kontaktieren, um die weitere Vorgehensweise zu klären, oder er kann den Fehler für eine Preisspekulation nutzen. Der Bieter ist nicht verpflichtet, das LV auf technische Machbarkeit zu prüfen, bevor der Auftrag erteilt wird.

Eine Mischkalkulation ist eine Kalkulationsstrategie, bei der Einheitspreise absichtlich unterschiedlich hoch oder niedrig angesetzt werden. Dies kann zu unfairen Wettbewerbsvorteilen führen und wird häufig als unzulässige Praxis angesehen.

Ein Scheinangebot ist ein unaufrichtiges Angebot, bei dem der Bieter nicht wirklich den Zuschlag erhalten möchte. Solche Angebote verzerren den Wettbewerb und sind unzulässig, da sie zu finanziellen Verlusten und rechtlichen Problemen führen können.

Preisabsprachen sind wettbewerbswidrige Vereinbarungen zwischen Bietern, bei denen sie ihre Angebote miteinander absprechen. Dies führt zu unfairen Bedingungen im Wettbewerb und kann schwere rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

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Interessiert an weiteren Informationen zu rechtlichen Grundlagen im Bereich Ausschreibung im Bauwesen?

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A) spielt in der Regel eine wichtige Rolle bei Ausschreibungen. Wenn Sie sich für weitere Grundlagen und rechtliche Rahmenbedingungen interessieren, werfen Sie einen Blick auf unsere weiterführenden Links zu Grundlagen der VOB/A. Bleiben Sie auf dem Laufenden, um immer bestens informiert zu sein.


Grundlagen der VOB/A

Arten von Bauausschreibungen

VOB/A – Struktur und Schwellenwerte

VOB/A – Richtlinien für Bieter: Verantwortung und Risiko

VOB/A – Vertragsformen und Risiken: Einheitspreis bis Rahmenvertrag

Ablauf einer Ausschreibung: Von der Veröffentlichung bis zum Zuschlag

Submissionsprozess: Prüfung und Protokoll

Angebotsbewertung und Bieterauswahl

Leistungsverzeichnis

Baubeschreibung

Nachträge im Bauvertrag

Urkalkulation eines Angebotes

Kalkulation von Wagnis und Gewinn

VOB/A - Richtlinien für Bieter: Verantwortung und Risiko - Ralph Georg Günther
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